Die Webcam vor dem Umbau :-)
Nach vielen Aufnahmen mit der alten Langzeitwebcam wächst der Wunsch nach höherer Bildqualität.
Die nach SC1 umgebaute PCVC 675K hat einige Nachteile:
Deshalb habe ich den Umbau einer neuen Webcam (ToUCam Pro II, PCVC840K) in Angriff genommen.
Für die Peltierkühlung musste die Kameraelektronik, die
Zusatzbeschaltung und die Kühlung in ein neues Gehäuse eingebaut werden.
Ein Aluminiumgehäuse von ELV, das dicht verschraubt werden kann, schien ideal zu sein.
Die mechanische Bearbeitung erwies sich als sehr aufwändig. Zuerst wurden die Öffnungen
für die Sub-D-Buchsen und die USB-Kabeldurchführung eingebracht. Diese sind nicht rund,
also war Geduld beim Feilen angesagt. Es folgten Löcher zur Befestigung des Kühlkörpers,
des Objektivadapters im Deckel und das Lichteinlass-Loch. Der Kühlkörper wurde vorbereitet
(absägen, entgraten,
Löcher bohren, Gewinde schneiden). Die Rückseite des Alu-Gehäuses war nicht eben, sie musste erst
abgeschliffen werden, damit der Kühlkörper plan anliegt. Der Objektivadapter, ein ehemaliger
Webcam-Adapter (M12x0.5 -> T2) wurde plan abgedreht, so dass das T2- und Filtergewinde erhalten geblieben sind.
Zur Befestigung dienen drei Gewindelöcher.
Als nächstes fertigte ich den Kühlfinger aus 12mm Vierkant und Alu-Blech. In Ermangelung
einer Fräsmaschine war erneut geduldiges Feilen gefordert. Desweiteren wurden Kunststoffstäbchen
als Halterung für den Kühlfinger und zur Platinenbefestigung angefertigt.
Die nächste knifflige Aufgabe bestand darin, den CCD-Chip von der Kamera-Platine
abzulöten, ein Geduldsspiel... Schliesslich gelang es ohne Beschädigung
des Chips oder der Platine.
Die Rückseite des ausgelöteten
CCD-Chips.
Das USB-Kabel wurde nahe an der Platine abgeschnitten, durch die Gehäuseöffnung geführt.
Die Drähte wurden etwas verlängert und wieder angelötet. Die rote SMD-LED habe
ich vorsorglich gleich entfernt. Vierzehn Stückchen feine Litze wurden
vorbereitet um den Chip wieder mit der Platine verbinden zu können. Zwei Klemmen
aus Büroklammer-Draht halten den CCD-Chip. Die Platine wird nur mit einer Schraube
befestigt, das hält aber bombenfest.
Hurra! Ein erster Test hat gezeigt, dass die Kamera noch funktioniert. In diesem Zustand konnte
der Venustransit gefilmt werden.
Den letzten Schritt stellt der SC2-Umbau dar. Der Umbau erfolgte nach der Anleitung von Steve Chambers:
http://www.pmdo.com/wadm2.htm
Das Anheben der Pins ist gar nicht so schwierig, wie es immer
klingt. Die beste Vorgehensweise ist folgende:
Die Pins 8, 10 und 13 sind bereits angehoben.
Bei Pin 10 war dann soviel Platz, dass der Draht für Pad 10 direkt unter dem hochgebogenen Pin
am Pad angelötet werden konnte. Für Pad 8/13 wurde ein Lötauge unweit des Chips
D16510 vom Lack freigekratzt. Welches das genau ist, erkennt man im nächsten Bild (siehe Pfeil).
Die angelöteten Drähte wurden mit Heisskleber fixiert.
Die Zusatzbeschaltung mit 4066 wurde auf einer Lochrasterplatine
aufgebaut und findet neben der Kameraplatine im Gehäuse Platz.
Die fertig eingebaute Kameraplatine mit
Zusatzschaltung. Am Kühlfinger neben dem CCD-Chip ist der Temperatursensor angeklebt.
Juhuuu!! Der Langzeitbelichtungsmodus funktioniert auch. Selbst bei 30s Belichtungszeit waren nur
3 Hotpixel im Bild bei Zimmertemperatur! Ein Quantensprung im Vergleich zur SC1-umgebauten Vesta.
Weitere Tests werde ich noch durchführen.
Das "Langzeitbelichtungs-First-Light" war am 28.07.2004, das erste Objekt war M3
(siehe DeepSky-Seite).
In einer Stückliste habe ich alle verbauten Teile und benötigen Werkzeuge zusammengefasst.
Darin sind auch Quellenangaben (mit Bestell-Nr) und Preise zu finden.
Die fertige Kamera sieht dann so aus.
Fertige Kamera von vorn mit eingeschraubtem IR-Sperrfilter.
Fertige Kamera von hinten :-)
Ein zweites Gehäuse aus Kunststoff beinhaltet die Elektronik zur Temperaturmessung
und Steuerung der Kühlleistung. Hierfür waren ebenfalls Änderungen am Gehäuse
nötig, da sonst die Platinen nicht hineingepasst hätten.
Für die Temperaturmessung und -anzeige verwende ich den Temperaturmessvorsatz für Multimeter
(Bausatz von ELV) und ein LCD-Panel mit Messbereich +-200mV. Damit bekomme ich recht genaue
Werte zwischen -20 und +20C. Zur verlustarmen Versorgung des Peltierelementes verwende
ich einen 2A Step-Down Wandler (auch Bausatz von ELV). Die Platine musste etwas abgefeilt
werden, damit sie quer hineinpasst. Leiterbahnen waren glücklicherweise nicht im Weg.
Ausserdem wurde ein grösserer Kühlkörper für den Reglerschaltkreis LT1076
verwendet und dieser nach aussen verlegt.
Es steht damit eine regelbare Spannung zwischen 2V und 8V zur Verfügung.
Mit dem Schalter kann zwischen Regelung und Fullpower-Modus (12V) umgeschaltet werden.
Steuerkästchen mit Temperaturanzeige und
einstellbarer Kühlleistung. Der Schalter ermöglicht die Überbrückung der Regelschaltung,
so dass mit maximaler Spannung gekühlt wird.
Nach ersten Tests machte sich ein unangenehmer Effekt bemerkbar. Die Temperaturanzeige wird durch
den Step-Down-Wandler gestört und zeigt höhere Werte an. Für eine geringe
Verbesserung sorgt ein Block-Kondensator (10nF) über der Betriebsspannung des Temperaturmessvorsatzes.
Ganz weg geht der Effekt aber nicht. Minimal ist er bei geringster Peltierspannung, d.h.
nur dann ist die Temperaturanzeige einigermassen genau.
Der Einfluß der Kühlung wird an den folgenden Darkframes sichtbar. Die Einstellungen
waren: Helligkeit=50%, Gewinn=90%. Der Weissabgleich wurde von Hand eingestellt.
Die Belichtungszeit war in allen drei Serien 120s.
Es wurden jeweils 12 Darkframes in der Auflösung 640x480 gemittelt. Für die volle
Auflösung bitte auf's Bild klicken.
12x120s Darkframe bei ca. 37 °C
12x120s Darkframe bei ca. 15 °C
12x120s Darkframe bei ca. -2 °C
Je kleiner die Temperatur, um so weniger Hotpixel lassen sich sehen. Zudem wird das Bild dunkler,
d.h. das thermische Rauschen nimmt zu kleineren Temperaturen hin ab. Insgesamt sind aber
sehr wenige Hotpixel zu sehen, da habe ich offenbar einen guten Chip erwischt.
Nachdem ich einige langbelichtete Aufnahmen von PN's gemacht hatte
(siehe DeepSky-Seite), zeigte sich ein
Nachteil der Webcamelektronik. Die Sterne erscheinen nicht rund, sondern sie haben
links und rechts schwarze Höfe, engl. "black ears" genannt und laufen in einer
Art Bloomingeffekt nach oben und unten aus. Besonders deutlich ist das an hellen
Sternen z.B. in der Aufnahme von NGC7008 zu sehen.
Ausschnitt eines Rohbildes der NGC7008-Aufnahme,
die beiden relativ hellen Sterne links unten sind im rechten Bild 5-fach vergrößert
dargestellt. Die "schwarzen Ohren" sind deutlich zu sehen.
Auf den Tipp eines Sternfreundes hin sah ich mir folgende Web-Seite an:
http://www.astrosurf.com/astrobond/ebrawe.htm.
Dort fand ich die Lösung des Problems -- den RAW-Modus. Es besteht die Möglichkeit
den EEPROM der Webcam neu zu programmieren und dabei andere Einstellungen
auf die Webcam zu überspielen. Wird der richtige RAW-Modus verwendet, müssen alle Farbaufnahmen
mit spezieller Software nachbearbeitet werden, um wieder zu RGB-Bildern zu kommen.
Deshalb habe ich mich für den Modus "Set OPTIMIZED COLOR (NON RAW) Mode AND Special Factory Settings"
entschieden. Dabei wird folgendes verändert:
Die "schwarzen Ohren" sollen verschwinden und die Webcam wird noch empfindlicher. Das
verspricht die Überspielung des neuen Makros.
Jaaaaa, bei einer Aufnahme des Ringnebels (M57) ist das Ergebnis nun viel besser.
Ausschnitt eines Rohbildes von M57, der helle Stern
rechts unten in der Ecke wurde im rechten Bild 5-fach vergrößert. Die "schwarzen Ohren" sind weg,
der Stern ist schön rund.
Das Makro "Set OPTIMIZED COLOR (NON RAW) Mode AND Special Factory Settings" kann ich also
wärmstens empfehlen.
[ Stand: 08.01.2007 | Gregor Krannich
| Gregors Astronomieseite ]